Unruhige Weiten des Hörens – Luigi Nono zum 100. Geburtstag

Von Prof. Kilian Schwoon, Bremen

Immer wieder fordert Luigi Nono (1924–1990) in seiner Musik zum Hören auf: “Ascolta!” singen die Stimmen, als ob das nicht selbstverständlich wäre beim Hören von Musik. Ein erhobener Zeigefinger eines politisch und sozial höchst engagierten Komponisten? Mahnende und kämpferische Botschaften finden sich in der Tat in zahlreichen Werken, etwa Briefe zum Tode Verurteilter aus dem europäischen Widerstand (Il canto sospeso, 1956), Materialien aus Arbeitsverträgen eines Stahlwerks (La fabbrica illuminata, 1964) oder ein Flugblatt der “Black Women Enraged” (Contrappunto dialettico alla mente, 1968). Sie werden aber Teil komplexer, gedanklich und emotional vielschichtiger Werke. Ab den späten 1970er Jahren treten die expliziten Botschaften dann zurück und ein zweifelndes, unruhiges, suchendes Hören rückt in den Vordergrund — dazu lädt Nono mit seinem “Ascolta!” ein (Prometeo, 1984/85).

Heute vor 100 Jahren, am 29.1.1924, wurde Luigi Nono in Venedig geboren. Zahlreiche Radiosendungen und Veranstaltungen würdigen diesen Anlass. Zum Vormerken im Kalender: Das Atelier Neue Musik der Hochschule für Künste Bremen wird in Kooperation mit der Deutsch-Italienischen Gesellschaft am 23. und 24. Mai die Möglichkeit bieten, Luigi Nonos Musik live zu erleben und mehr über sie zu erfahren. Unter anderem werden Studierende La lontananza nostalgica utopica futura (1988/89) für Violine und Elektronik aufführen, in dem auf besondere Weise Klänge im Raum erkundet werden. Als Gast aus Italien wird der Flötist Roberto Fabbriciani beteiligt sein und von seiner intensiven Zusammenarbeit mit Nono erzählen.

Weblinks

“Luigi Nono 100” (Archivio Luigi Nono): https://www.luiginono.it/luigi-nono-1924-2024/

Radiotipp: https://www.swr.de/swr2/musik-klassik/ascolta-die-privatbibliothek-des-komponisten-luigi-nono-swr2-thema-musik-2024-01-17-100.html

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